Die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und zur Förderung von EU-Investitionen kommen zur richtigen Zeit. Angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Schwäche mit einem prognostizierten BIP-Wachstum von nur 0,2 % in 2024 und einem Produktionsrückgang von real 4,5 % sind Maßnahmen zur Entlastung von Unternehmen dringend erforderlich. Hinzu kommen externe Herausforderungen wie potenzielle Handelskonflikte, US-Zölle und eine schwache Arbeitsmarktlage, die einen wirtschaftlichen Aufschwung in 2025 erschweren.
Fünf Kernbereiche der neuen Vorschläge
Die am 26. Februar 2025 veröffentlichten Vorschläge der Kommission (Omnibus I) umfassen fünf zentrale Bereiche:
- Erleichterungen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung: Die CSRD-Pflichtgrenze wird auf Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten angehoben und die Berichtspflichten um zwei Jahre verschoben. Dies reduziert Kosten für nicht mehr berichtspflichtige Unternehmen und ermöglicht eine gestreckte Kostenverteilung für berichtspflichtige Unternehmen. Zudem sollen kleinere Unternehmen in den vorgelagerten Wertschöpfungsketten entlastet werden.
- Vereinfachung der Taxonomie-Berichterstattung: Änderungen in der Berechnung der Green Asset Ratio (GAR) für Banken sowie die freiwillige Berichterstattung über taxonomieangelehnte Tätigkeiten sollen die Finanzierung von Transformationsprojekten trotz reduzierter Berichtspflichten erleichtern. Vereinfachungen in der „Do No Significant Harm“ (DNSH)-Regulierung tragen zur Verringerung der Komplexität bei.
- Reduzierung der Sorgfaltspflichten: Die organisatorischen Kosten sinken durch eine Vereinfachung der Haftungsklassen (zivilrechtliche Haftungen sollen aufgehoben werden) und eine verlängerte Vorbereitungsfrist bis zum 26. Juli 2028.
- Anpassung des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM): Während KMU entlastet werden, sollen verschärfte Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung und eine mögliche Erweiterung der betroffenen Branchen die Bedeutung der Dekarbonisierungsziele unterstreichen.
- Vereinfachung administrativer Anforderungen: Die Anforderungen für Durchführungspartner, Finanzintermediäre und Endempfänger – insbesondere KMU – in EU-Programmen werden reduziert, um Investitionen in Wettbewerbsfähigkeit, Forschung, Dekarbonisierung und ökologische Nachhaltigkeit zu fördern.
Verknüpfung mit dem „Deal für eine saubere Industrie“
Diese Maßnahmen werden durch den ebenfalls am 26. Februar 2025 vorgestellten „Deal für eine saubere Industrie“ (Omnibus II) ergänzt, der als Wirtschaftsplan für Dekarbonisierung, Reindustrialisierung und Innovation dient. Zentrale Treiber dieser Strategie sind Energiekosten, die Nachfrage nach CO2-armen Produkten, die Finanzierung der Energiewende, Kreislauffähigkeit und der Zugang zu Rohstoffen.
Chancen für Unternehmen
Die neuen Vorschläge lassen sich aus unternehmerischer Perspektive positiv bewerten:
- Nachhaltigkeit bleibt ein zentrales Thema, jedoch mit reduzierten Berichtspflichten und mehr wirtschaftlicher Flexibilität.
- Unternehmen profitieren von geringeren Berichtskosten und einer effizienteren Ressourcenallokation.
- Die Umstellung auf freiwillige Berichterstattung und gezielte Förderprogramme stärkt die unternehmerische Eigenverantwortung.
Ein Blick auf globale Entwicklungen zeigt, dass Nachhaltigkeit zunehmend ein Wettbewerbsfaktor wird. Unternehmen wie LEGO (Spielzeugreifen mit 30 % recyceltem Material), Microsoft Xbox (energieeffiziente Updates und Verzicht auf Einwegplastik) und die verschärften ESG-Offenlegungsstandards für Pensionsfondsmanager in Hongkong verdeutlichen diesen Trend.
Nachhaltigkeit ist weit mehr als eine formale Berichtspflicht – sie ist eine strategische Herausforderung. Die neuen Vorschriften ermöglichen es Unternehmen, sich verstärkt auf den ökonomischen Wettbewerb im Bereich Nachhaltigkeit zu konzentrieren.
Strategische Bedeutung für Unternehmen
Unternehmen können auf bestehenden Konzepten, insbesondere der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse (CSRD) oder des vereinfachten Relevanzmodels der freiwilligen Berichterstattung (VSME), aufbauen, um die eigene Unternehmensstrategie weiterzuentwickeln. Dies kann sich in folgenden Bereichen positiv auswirken:
- Kosteneinsparungen durch energieeffiziente Maßnahmen und reduzierten Ressourcenverbrauch.
- Innovationskraft durch die Entwicklung nachhaltiger Lösungen.
- Attraktivität als Arbeitgeber durch erhöhte Mitarbeiterbindung.
- Bessere Finanzierungsmöglichkeiten, wenn strategische Ziele transparent verfolgt werden.
- Steigerung der operativen Effizienz durch ein integriertes Datenmanagement.
Die Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie kann kostengünstig und pragmatisch gestaltet werden. Ein iterativer Transformationsansatz, der auf die aktuellen Herausforderungen im Unternehmenszyklus abgestimmt ist, bildet die Grundlage. Die Berücksichtigung externer Faktoren wie z Bsp. Digitalisierung und Marktentwicklungen gewährleistet eine umfassende Analyse. Dieses Vorgehen sorgt für eine messbare positive Wirkung auf die Unternehmensbewertung und Finanzierungsfähigkeit.
Fazit
Es bleibt zu hoffen, dass die Vorschläge der EU-Kommission im Gesetzgebungsverfahren Zustimmung finden und einen verlässlichen Rahmen für Unternehmen schaffen. Die Anpassung von Regelungen mit Fokus auf Eigenverantwortung könnte als Modell auch für andere regulatorische Prozesse dienen.